Ein (Erfahrungs-)bericht von Anna-Lena Mädge und Arne Reinhold
Wenn ehrenamtlich engagierte Menschen in die sozialpsychiatrische Arbeit eingebunden werden, kann das Begegnung und Inklusion möglich machen. Und es kann zum Abbau bestehender Stigmata gegenüber psychisch erkrankten Menschen beitragen. Darum bietet die Brücke SH in ihren psychosozialen Unterstützungsangeboten durchgängig verschiedene Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren. Auch für Menschen, die als Nutzer*innen die Betreuung in Anspruch nehmen. Im Folgenden soll aufgezeigt werden wie dieses Engagement durch das Erleben von Selbstwirksamkeit zur Genesung beitragen kann und zugleich Fachkräfte entlastet.
Mit der Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeiten innerhalb des Betreuungskontextes, in dem sich Nutzer*innen selbst befinden, verschieben sich bestehende Machtebenen. Die Adressat*innen der Sozialen Arbeit übernehmen Aufgabenbereiche, die vorher zumeist von Fachkräften abgedeckt wurden und schaffen teilweise eigene Aufgabenfelder. Deutlich wird dies in der Einbindung des Ex-Inlers Arne Reinhold, der seinen Weg bei der Brücke SH als Nutzer der Angebote im Kreis Herzogtum Lauenburg begann.
Nach seiner Ex-In-Schulung entstand der Wunsch, sich aus der reinen Nutzerrolle zu entfernen und die eigenen Ressourcen einzubringen, um nicht mehr mit seiner Erkrankung „verheiratet“ zu sein. Um nicht am selben Ort zeitgleich Unterstützung zu erfahren und anzubieten, fand das erste ehrenamtliche Engagement im Rahmen der psychiatrischen Abteilung des Johanniterkrankenhauses in Geesthacht statt. Die dort gesammelten Kenntnisse verhalfen Arne Reinhold zu neuem Selbstbewusstsein und ermöglichten es ihm, sich in der Brücke SH anders einzubringen. „Die Mitarbeiter*innen vor Ort haben mich gut unterstützt und mir mehr zugetraut als ich mir selbst zu dem Zeitpunkt. Ich nehme an verschiedenen Arbeitsgruppen teil und bin in die Öffentlichkeits- und Anti-Stigma-Arbeit eingebunden. Ich durfte bereits bei Vorstellungsgesprächen dabei sein, wurde in die Planung von Freizeitfahrten und Ausflügen eingebunden und habe hierdurch das Gefühl Teil des Teams zu sein. Durch die Ausweitung meines Engagements bin ich nach langem Anlauf in die Selbstwirksamkeit gelangt. Der Austausch und das soziale Wirken hat meine Belastbarkeit deutlich erhöht.“
Ähnliches berichtet auch Thomas H., der seit 2022 ehrenamtlich als Fahrer im Kreis Herzogtum Lauenburg tätig ist. Als er zur Brücke SH kam, litt er an sozialen Ängsten und schwer depressiven Episoden. Die Auseinandersetzung mit den persönlichen Stärken und beruflichen Erfahrungen als Fahrer innerhalb der Betreuung ermöglichten es, den Wunsch nach einer Aufgabe zu formulieren. Nach einer Stabilisierungsphase, in der er Vertrauen zu den Menschen aufbaute, denen er bei der Brücke SH begegnete, konnte er sich vorstellen ein Ehrenamt zu übernehmen. Inzwischen fährt er an vier Wochentagen Nutzer*innen zu verschiedenen Terminen und plant eigenständig Ausfahrten. Das Ehrenamt erlebt er als sinnvolle Tätigkeit und das Angebot dieses Amt zu übernehmen als Vertrauensbeweis der Fachkräfte in seine Stärken.
Beispiele, die uns zeigen, dass es zum einen Fachkräfte entlasten kann, die Adressat*innen Sozialer Arbeit als ehrenamtliche Unterstützer*innen in den professionellen Rahmen einzubinden. Zum anderen kann das Erleben von Selbstwirksamkeit einen wesentlichen Teil zur Genesung von Nutzer*innen beitragen.