Itzehoer Nachrichten, 07.05.2021, Andreas Olbertz: Große Resonanz in Itzehoe beim Kampf gegen Corona: Beschäftigte und Bewohner erhalten zweite Dosis.
Eine kurze Anmerkung zuvor: Von März bis Juni 2020 war die WfbM Westküstenservice von einem Betretungsverbot mit schrittweiser Öffnung betroffen, die Wohneinrichtungen und Betreuungsangebote jedoch nicht.
Hier der vollständige Artikel:
Aufgereiht und auf Abstand bedacht stehen sie vor dem Haus in der Bahnhofstraße. Die Warteschlange zieht sich durch den Flur. Im Gymnastikraum wird es ernst. Der wurde gestern zur mobilen Impfstation. Aber das kannten die Mitarbeiter der Brücke schon, Gründonnerstag, 1. April, gab es die erste Impfung, jetzt folgte der zweite Pieks.
Bei der Brücke bekommen Menschen mit seelischen Erkrankungen oder Psychiatrie-Erfahrung in Werkstätten oder Wohngruppen Hilfe. Eigentlich. Von März bis Ende Juni vergangenen Jahres waren die Angebote der Brücke komplett geschlossen. „Bis auf eine Notgruppe“, blickt Verbundmanager Matthias Kruit auf diese Zeit zurück. „Da ist ganz viel auf der Strecke geblieben. Begegnung ist das, wofür wir als Brücke stehen – und ausgerechnet das war verboten“, so Kruit.
Psychische Probleme nehmen zu
Das machte sich bemerkbar. Wurde die Notgruppe zu Beginn des Lockdowns nur wenig in Anspruch genommen, stiegen die Zahlen im Laufe der Wochen kontinuierlich an. Immer mehr Menschen bekamen psychische Probleme, die sich mit einem Telefongespräch nicht lösen ließen. Kruit spricht in diesem Zusammenhang von Auswirkungen der Quarantäne.
Inzwischen läuft der Betrieb wieder. Mit Einschränkungen und unter strengen Hygieneauflagen, aber er läuft. In enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt wurde ein Konzept entwickelt. Kruit bezeichnet die Zusammenarbeit mit der Behörde als gut: „Es ist ein strenges Funktionieren. Aber durch diese Strenge funktioniert es auch.“ Er ist stolz darauf, dass es unter den 180 Menschen, für die er zuständig ist, keinen Corona-Fall gegeben habe.
Als Betreuungseinrichtung und Wiedereingliederungshilfe gehört die Brücke mit ihren Beschäftigten zur Prioritätsgruppe 2. Aber die Beschäftigten hatten genau die gleichen Probleme, einen der begehrten Termine zu ergattern, wie alle anderen.„Wir haben natürlich ver-sucht, mit den Beschäftigten Termine zu bekommen“, berichtet Birgit Hoyer. Aber der Erfolg war überschaubar. Deshalb zögerte sie nicht lange, als das Angebot eröffnet wurde, ein mobiles Impfteam anzufordern. Um so größer war die Resonanz bei dem Impftermin im eigenen Haus. 85 bis 90 Prozent seien es bestimmt. Und es hätten noch mehr sein können, denn der Termin für die Erstimpfung an Gründonnerstag war vorgegeben. Hoyer: „Wer da krank oder anderweitig verhindert war, hat Pech gehabt.“ Durch gute Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und dem örtlichen Impfzentrum wurde es ermöglicht, einige davon auf die Nachrückerliste zu bekommen.
Für das Impfteam ein Einsatz wie jeder andere
„Es ist uns auch gelungen, dass einige heute ihre Erstimpfung bekommen, weil wir dafür gerade stehen, dass die zweite Impfung sichergestellt ist“, berichtet die Regionalverwalterin. Für das mobile Impfteam ist der Einsatz bei der Brücke in der Bahnhofstraße ein Termin wie jeder andere. 120 bis 160 Menschen werden von ihnen täglich geimpft. Ganz anders ist das für Birgit Hoyer: „Organisatorisch und logistisch ist das ein Riesending.“ Vorbereitungsgespräch im einen Raum, Warten auf dem Flur, draußen stehen schon die nächsten, nach der Impfung geht es durch den Garten in den Nachsorgebereich. „Es entwickelt sich nach hinten raus ein Pulk an Menschen, der betreut werden muss“, sagt Hoyer. Wem kalt wird, der bekommt eine Decke, Getränke werden gereicht und Naschi steht auch bereit. Aber ein klares Ziel vor Augen ist den Stress wert. „Wir hoffen, dass das ein erster Schritt in Richtung Normalität ist“, sagt Verbundmanager Matthias Kruit.